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L'AMORE DEI TRE RE

MAGAZIN OPERNHAUS ZÜRICH

[© Magazin Opernhaus Zürich. Testo pubblicato
con il consenso scritto della direzione della Dramaturgie]

 

 

MARCELLO VIOTTI

 

Selbst einem versierten Dirigenten italienischer Opernkompositionen um 1900 wie Marcello Viotti ist von den Bühnenwerken Montemezzis nur gerade dessen Oper «L'Amore dei tre re» bekannt, die er im November letzten Jahres in München schon einmal konzertant zur Aufführung gebracht hat. Montemezzis Oper zeichnet sich vor allem durch ihre grosse Intensität oder, präziser ausgedrückt, durch ihre Dichte aus, die sowohl die Orchestrierung wie auch den knappen Umfang des Werks betrifft. Die Oper ist sehr kurz, aber in den kaum zwei Stunden Spieldauer gelingt es Montemezzi, die ablaufende Geschichte zu einem unglaublich starken Drama zu konzentrieren. Das ist die grösste Qualität dieser Musik, wobei es beinahe unmöglich ist, sie vom ebenfalls sehr ausdrucksstarken Text zu trennen. Sem Benelli hat mit «L'Amore dei tre re» wie auch mit seinem von Umberto Giordano vertonten Theaterstück «La Cena delle beffe» aussergewöhnlich intensive Textvorlagen geliefert, durch die er sich als grosser Schriftsteller, ja Dichter erweist.
«L'Amore dei tre re» ist ein sehr poetischer Text, mit Anklängen an Gabriele d'Annunzio, ein wenig dekadent, doch ohne je in Banalität oder schlechten Geschmack abzugleiten. Das gleiche gilt auch für die Musik. Sie weist verschiedene Einflüsse auf. Man spürt sehr deutlich, dass Montemezzi um die Jahrhundertwende komponiert hat, mit all den grossen Meistern der Vergangenheit im Hintergrund, auch italienischen Komponisten natürlich wie Verdi und Puccini. Omnipräsent jedoch ist Richard Wagner, nicht nur bei Montemezzi, sondern auch bei seinen italienischen Komponistenkollegen Leoncavallo, Franchetti, Cilea, Zandonai und französischen wie Ernest Chausson. Das Interessante an Montemezzi ist, dass es ihm gelingt, nicht nur die postwagnerianischen, sondern auch andere Einflüsse - «L'Amore dei tre re» ist ebensosehr, wenn nicht noch in stärkerem Masse geprägt von der Musik Debussys und von den Orchesterfarben eines Richard Strauss - zu assimilieren und daraus einen eigenständigen Musikstil zu entwickeln, Der Komponist schafft es, das eklektizistische Vorgehen als Ausgangspunkt für eine subjektiv gefärbte Klangsprache zu nutzen.
Charakteristisch für diese Oper ist vor allem die Verwendung einer beachtlichen Zahl von Leitmotiven, die jedoch nicht weiterverarbeitet werden, also keine Leitmotive im Sinne Wagners sind. Am Auffälligsten und Markantesten ist sicher das bedrohliche Pizzicato-Motiv in den Kontrabässen, das Archibaldo zuzuordnen ist. Weitere sind dasjenige der leidenschaftlichen Liebe von Fiora und Avito (Harfe und Celesta), das militärisch klingende Trompetenthema der Bühnenmusik, das auf Manfredos Kriegslaufbahn verweist, und die melancholischzärtlichen Englischhorn- und Klarinettenmelodien, die sein schwieriges Verhältnis zu Fiora charakterisieren. Diese Leitmotive werden in Montemezzis Oper häufig eingesetzt, bleiben aber, obwohl in verschiedenen Tonarten notiert, unverändert. Vom Zuhörer können sie wie eine Art roter Faden wahrgenommen werden, der sich durch das ganze Werk zieht.
Montemezzis Orchestrierung ist sehr dicht, beinahe unübersichtlich, sodass es von enormer Bedeutung ist, bei der Arbeit mit dem Orchester die wichtigen Motive genau herauszuarbeiten. Es gibt viel kontrapunktisches Material und Massierungen von Noten, ähnlich wie bei Richard Strauss. Beim genialen Strauss klingt das alles fast wie von selbst richtig. Nicht so bei Montemezzi. Bei ihm muss man Thema, Kontrapunkt, zweites Thema, usw. erst herauslösen, um seinen musikalischen Vorstellungen möglichst nahe zu kommen. Eine grosse Aufführungspraxis mit Partituren veristischer Opern jener Zeit kommt dem Dirigenten Marcello Viotti dabei sehr zugute, Der Maestro hegt viel Liebe und Bewunderung für diese Oper und ist überzeugt, dass die spannende Handlung, illustriert von Montemezzis Musik und interpretiert von einem hervorragenden, fast ausschliesslich jun-gen Sängerensemble auch beim Publikurn Gefallen finden wird.