Liliana Nikiteanu
Die Partie der Dorabella begleitet Liliana Nikiteanu seit ihrer Abschlussprüfung. Sie hat sie bereits in vielen Inszenierungen verkörpert und kürzlich unter Alain Lombard in einer Gesamtaufnahme der «Così fan tutte» auch auf CD eingespielt. Zwar kennt sie die Oper auch aus der Perspektive der Despina, die zu singen ihr viel Vergnügen bereitet, doch ihren musikalischen Bedürfnissen steht die Dorabella mit all den wunderbaren Ensembles neben den Arien näher. Unter konventionell moralischen Gesichtspunkten diese Partie zu verstehen ist zunächst einmal schwierig, doch schnell stellt sich die Frage nach dem, was Moral überhaupt ist und wer darüber bestimmt. Die Wette der Männer, die ihre Bräute wie Objekte verhandeln - sei es, dass sie sie ohne Ansehen ihrer individuellen Eigenschaften auf hehre Podeste stellen, sei es, dass sie mit ihren Gefühlen spielen wollen, um sie zu testen - empfindet Liliana Nikiteanu als weitaus schlimmer. Deshalb schätzt sie an der Zürcher Neuinszenierung vor allem den Zuwachs an Emanzipiertheit, der den beiden Schwestern zugestanden wird. Sie sind weniger manipulierbar - vor allem nicht durch Don Alfonso, sondern folgen ihrem Gefühl. Dorabella ist in ihren Augen durchaus nicht leichtsinnig; ihre Entscheidung für Guglielmo reift allmählich in ihr. Der musikalische Punkt, an dem es sie «erwischt», ist für die Sängerin das Rezitativ nach dem Sextett «Alla bella Despinetta», wenn sie hört, wie Guglielmo zu Fiordiligi von Liebe spricht. Mit «Numi, che sento» reagiert Dorabella, und von diesem Moment an baut sich - zumindest von ihrer Seite - eine von echten Gefühlen getragene Beziehung zum «falschen» Partner auf.