Licht auf ein Lebenswerk
Nikolaus Harnoncourt erhält den Siemens-Preis 2002
hmn.
Der Ernst-von-Siemens-Musikpreis 2002 geht an den Dirigenten Nikolaus Harnoncourt.
Die mit 150 000 Euro dotierte Auszeichnung wird am 28. Mai 2002 im Münchner
Cuvilliéstheater übergeben; die Laudatio hält der in Harvard lehrende Musikwissenschafter
Christoph Wolff.
Mit Harnoncourt wird ein Künstler ausgezeichnet, der
die Geschichte der musikalischen Interpretation in der zweiten Hälfte des
20. Jahrhunderts massgeblich geprägt hat. Durch die neuartige Beleuchtung
der Werke Bachs mit dem 1953 gegründeten Concentus Musicus Wien, aber auch
durch die Wiederentdeckung des Komponisten Claudio Monteverdi in den Jahren
nach 1976 am Opernhaus Zürich hat die historische Aufführungspraxis entscheidende
Anstösse erhalten. Von da aus ging es zur Wiener Klassik, der Harnoncourt
- nicht mit den sogenannten alten Instrumenten, sondern mit Klangkörpern
wie dem Concertgebouworkest Amsterdam - ganz neue Dimensionen der Deutung
erschloss; dass zum Beispiel die Sinfonien Beethovens heute so grundsätzlich
anders erklingen als noch vor dreissig Jahren, daran hat er wesentlichsten
Anteil. Ähnliches gilt für die Sinfonien von Brahms, die er mit den Berliner
Philharmonikern von der Tradition des schweren Klangs befreit hat. Die Arbeit
an den Autographen zählt für Harnoncourt noch immer zu den Selbstverständlichkeiten
- auch wenn er, wie beim Neujahrskonzert 2001 der Wiener Philharmoniker,
Walzer von Johann Strauss (Sohn) dirigiert. Doch nicht um richtig und falsch
geht es dabei, sondern um Struktur und Bedeutung, vor allem aber um jene
Ausdrücklichkeit, die sich dem beiläufigen Konsum von Musik, wie ihn das
Medienzeitalter fördert, mit aller Macht entgegenstellt.