HOME

 

 

 

L'AMORE DEI TRE RE

MAGAZIN OPERNHAUS ZÜRICH

[© Magazin Opernhaus Zürich. Testo pubblicato
con il consenso scritto della direzione della Dramaturgie]

 

Italo Montemezzi (1875-1952) hat neben einigen Chor- und Orchesterwerken sieben Opern geschrieben, von denen sich jedoch nur eine über längere Zeit auf den Bühnen Italiens und vor allem Amerikas halten konnte: «L'Amore dei tre re». Er komponierte in einer Zeit, in der an den italienischen Theatern zwei unterschiedliche Tendenzen vorherrschten: die eher traditionalistische der zweiten Generation der «Giovane Scuola Italiana» und die progressivere, die einen gewissen kulturellen Kosmopolitismus anstrebte, der sich vor allem in der Assimilation der Wagnerschen Musiksprache äusserte. Montemezzi war einerseits geprägt von der postwagnerianischen Symphonik - nicht nur inhaltliche, sondern auch musikalische «Tristan und Isolde»-Reminiszenzen sind ine «L'Amore dei tre re» offensichtlich -, hielt aber gleichzeitig an nationalen Merkmalen, etwa der Neigung zur schönen, kantablen Melodie, fest.
Unüberhörbar in seiner Musik ist auch der Einfluss des spätromantischen Orchesterkolorits eines Richard Strauss und der französischen Impressionisten, vor allem Debussys. Auch wenn er dem Verismo eher zurückhaltend gegenüberstand, orientierte sich Montemezzi wie viele andere italienische Komponisten seiner Generation ausserdem am epochemachenden Vorbild von Pietro Mascagnis Oper «Cavalleria rusticana».
Der Titel besagt es: Italo Montemezzis Oper handelt von der Liebe dreier Könige. Objekt dieser Dreikönigsliebe ist die schöne Prinzessin Fiora. Dass es dabei nicht um eine romantische Märchenidylle geht, zeichnet sich gleich von Beginn an sehr deutlich ab. Es dominiert das Nächtlich-Dunkle, Morbid Dekadente. Eine düstere Atmosphäre prägt die Szenerie schon des ersten Aktes: Es ist Nacht. Der alte und blinde König Archibal do irrt schlaflos durch die Räume seines ab gelegenen Schlosses, nur darauf bedacht, seiner Schwiegertochter, die er insgeheim begehrt und von der er überzeugt ist, dass sie ein Geheimnis vor ihm verbirgt, eifer süchtig nachzuspionieren. Und Fiora hat ein Geheimnis. Sie trifft sich heimlich mit ihrem Geliebten Avito, dem rechtmässigen Fürsten des Königreichs Altura. Archibaldo hatte sich einst nach der Eroberung Alturas selbst zu dessen König ernannt und aus Gründen der Staatsräson Avitos Braut Fiora mit sei nem Sohn Manfredo verheiratet. Manfredo ist seiner Frau in rührender Liebe zugetan, doch seine Gefühle werden nicht erwidert. Seine häufige, durch Kriegszüge bedingte Abwesenheit begünstigt die verbotene Liebe zwischen Avito und Fiora. Das Unheil scheint vorprogrammiert, und es nimmt un erbittlich seinen Lauf. Am Ende steht die totale Katastrophe: Archilbaldo hat nicht nur Fiora ermordet, sondern auch ihren Liebhaber und - ungewollt - seinen eigenen Sohn und bleibt allein und verzweifelt in seinem Dunkel zurück.
Schöpfer dieser nicht historisch fundierten, sondern fiktiven Schauergeschichte war Sem Benelli (1874-1950), unter dem literarischen Einfluss von Gabriele D'Annunzio stehender Zeitgenosse Montemezzis, ein in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in seiner italienischen Heimat hoch geschätzter und viel gespielter Dramatiker. Als Montemezzi von dem 1910 allerdings nur mit mässigem Erfolg uraufgeführten Stück «L'Amore dei tre re» erfuhr, bemühte er sich sogleich um die Librettorechte, nachdem ihm diesbezüglich ein Jahr zuvor nach der sehr viel positiver aufgenommenen Kreation des Dramas «La Cena delle beffe» sein Komponistenkollege Umberto Giordano zuvorgekommen war. Montemezzi vermochte auch seinen Verleger Giulio Ricordi von der Bühnenwirksamkeit des «L'Amore»Stoffes zu überzeugen und nahm die Komposition in Angriff.
Die Oper sollte Montemezzis grösster und einziger wirklicher Erfolg werden. Eine grosse Akzeptanz zeichnete sich sc on bei der Uraufführung von «L'Amore dei tre re» an der Mailänder Scala am 10. April 1913 ab, die unter der musikalischen Leitung keines Geringeren als Tullio Serafin stand. In den folgenden Jahren kam es in Italien und in anderen europäischen Ländern zu zahlreichen Neuproduktionen des Werks. Eine eigentliche Sensation löste Montemezzis Oper jedoch in Amerika aus. Am Anfang der Erfolgswelle stand die New Yorker Erstaufführung von 1914 unter Arturo Toscaninis Stabführung und mit einer glänzenden Besetzung. Weitere Aufführungen in den Vereinigten Staaten folgten, so unter anderem in Chicago. Obwohl sich viele namhafte Sängerinnen und Sänger für «L'Amore dei tre re» einsetzten, wurde es nach dem Zweiten Weltkrieg nicht nur in Europa, sondern auch in der Neuen Welt still um Montemezzis Hauptwerk, das nur noch vereinzelte, zum Teil konzertante Aufführungen verzeichnen konnte.