CORNELIA KALLISCH

 

Cornelia Kallisch misstraut der vordergründig lustigen, märchenhaften «Arabella»-Geschichte mit doppeltem Happy-End. «Ja, haben Sie denn eine Ahnung, wer wir sind?... Wir laufen halt so mit als etwas zweifelhafte Existenzen», zitiert sie Arabella. Das ist eine von diversen Stellen, in denen Hofmannsthal, gleichsam in Fussnoten, Kritik übt an einer die Realität verleugnenden Gesellschaft. Ohne moralisierenden Zeigefinger zeichnet der Dichter hier eher beiläufig ein virtuoses - und höchst unsympathisches - Gesellschaftsbild. Allen Figuren voran ist es die von Cornelia Kallisch verkörperte Mutter Adelaide, die die Realität «zukleistert», sie nicht wahrnehmen will und dauernd schönredet.
Sie verkennt ihre beiden Töchter vollkommen, sieht bis zum Schluss nicht, wer sie wirklich sind. Arabella wird verhätschelt, Zdenka verleugnet. «Schweig, unglücksel'ges Kind! Schweig bis ans Grab! »: Mit diesen Worten versucht sie selbst am Schluss noch, die Maskerade aufrechtzuerhalten. Was sich bei ihr als Liebe äussert, ist pure Lieblosigkeit. Auch fehlt ihr jegliches Verantwortungs- und Schuldgefühl. In dieser Doppelbödigkeit sieht Cornelia Kallisch auch die Verbindung von der Zeit, in der «Arabella» spielt, 1860, über die Entstehungszeit 1929 bis heute. Matteos Worte: «...Komödie spielen nur um der Komödie willen, Komödie spielen ohne Publikum!», fassen den Lebenszweck der handelnden Personen am besten zusammen. Interessanterweise ist es gerade Zdenka, die durch ihre totale Selbstverleugnung die Möglichkeit zur Äusserung ihrer wahren Gefühle hat.
Sie und Matteo sind wahrscheinlich die einzigen in der ganzen Oper, deren Gefübl wirklich «klopft». Und das Ideal-Paar Arabella und Mandryka? Cornelia Ka!lisch traut Arabel!a nicht ganz: Bis zum Schluss zieht sie sich mit Floskeln aus der Affäre, wenn ihr ein Gefühl zu nahe kommt. Wahrscheinlich wird sie Mandryka, der selber die Spielregeln durchaus kennt, auf die Dauer doch nicht verstehen können. Das Happy-End bleibt eine Utopie des Dichters und des Komponisten.
© Opernhaus Zürich. Pubblicato con il consenso scritto della direzione della Dramaturgie.