RICHARD STRAUSS
1864 - 1949

JOSEPHSLEGENDE*
CON MOLTI SAGGI E DOCUMENTI
SUL COMPOSITORE

 *JOSEPHS LEGENDE - THE LEGEND OF JOSEPH -
LA LEGGENDA DI GIUSEPPE - LA LEGENDE DE JOSEPH


A CURA DI LAURETO RODONI

ARABELLA

SALOME

ELEKTRA


PETER SULZER

ZEHN KOMPONISTEN UM WERNER REINHART


ERSTER BAND










ZWEITER BAND












DRITTER BAND












In seinem zum Jubiläum 350 Jahre erschienenen Werk «Zehn Komponisten um Werner Reinhart» (l. Band: 1979, 2. Band: 1980) hat Peter Sulzer die Beziehungen zwischen Musikmäzen und Tonschöpfer dargestellt, wie sie sich in dem noch kaum erschlossenen Briefwechsel Werner Reinharts mit zehn der bedeutendsten Komponisten des 20. Jahrhunderts widerspiegeln. Damit vermittelt der Verfasser gleichzeitig Einblick in die Geschichte der Kollegiumskonzerte von 1920 bis 1950, aber auch in die weit über Winterthur hinausreichende Förderung der zeitgenössischen Musik durch den langjährigen Präsidenten der Konzertkommission des Musikkollegiums. Im ersten Band sind die Beziehungen Reinharts zu Strawinsky, Schönberg, Webern, Berg und Krenek dargestellt, im zweiten jene zu Honegger, Hindemith, Pfitzner, Strauss und Schoeck. Der nun vorgelegte dritte Band enthält Briefe und Dokumente aus Werner Reinharts Nachlass, die nach der Veröffentlichung der beiden ersten Bände neu aufgefunden wurden. Alle zehn dort behandelten Komponisten sind mit reichhaltigen, ungekürzt wiedergegebenen Korrespondenzen vertreten.
Ergänzend kommen hinzu ausgewählte Passagen aus Briefen anderer Personen, die mit ihnen in Verbindung standen, sowie erklärende Zwischentexte und Kommentare des Verfassers.


Peter Sulzer, *1917, von 1966-1982 Stadtbibliothekar von Winterthur, ist von seinen akademischen Studien her Historiker. Zur Musik hatte er seit frühester Jugend eine enge Beziehung. Seit 1951 wirkt er in der Vorsteherschaft des Musikkollegiums mit, besonders als Leiter von dessen Archiv und seit 1972 als Redaktor des Generalprogramms. Für den zweiten Band der Festschrift «Das Musikkollegium Winterthur 1837-1953» schrieb er das Kapitel über die Entwicklung der Musikschule, und in der Presse hat er zahlreiche Arbeiten zur Winterthurer Musikgeschichte veröffentlicht.

PETER SULZER

RICHARD STRAUSS UND WERNER REINHART

ZWEITER BAND

SS. 155-156


War Werner Reinhart mit Hans Pfitzner in Beziehung getreten, als dieser schon im Zenith seiner Laufbahn stand, so lernte er den andern Altmeister deutscher Musik, Richard Strauss, sogar erst in dessen siebzigstem Lebensjahr persönlich kennen. Mit Strauss noch mehr als mit Pfitzner öffnete sich der Kreis um Werner Reinhart einem Stück Vergangenheit, einer musikalischen Persönlichkeit ersten Ranges, deren Ruhm zurückreicht bis in die Zeit der Belle Epoque, ja die bis heute als die musikalische Personifikation jener spätbürgerlichen Welt erscheint die mit dem Ersten Weltkrieg verlorenging. Zwar hatte Hans Pfitzner durch seine Polemik gegen die «neue Ästhetik der musikalischen Impotenz» (1919) theoretisch eine konservative Richtung vertreten, während einem Richard Strauss die «papierenen Kundgebungen» von Gegnern der Zukunftsmusik, die «mit dogmatischen Verboten den naturnotwendigen Prozess des Fortschritts glauben aufhalten zu können», suspekt waren. Und während Pfitzners mühsam errungener Erfolg durch musikalische Cercles und Vereine gestützt und gefördert wurde, setzte Richard Strauss sein Vertrauen voll und ganz auf die «grosse Masse des unbefangen geniessenden Publikums, das sich in seiner naiven Empfänglichkeit für jede neue und bedeutende Kunstleistung in der Regel als der zuverlässigste Träger jeglichen Fortschrittsgedankens bewährt hat». Dennoch aber war Pfitzner durch seine Zerrissenheit wie durch sein selbstpeinigendes Bemühen um «Sachlichkeit» der modernere Mensch als Strauss; und nicht zufällig ist das Werk des um bloss fünf Jahre Jüngeren viel später gereift und gelangte Pfitzners Schaffenskraft erst während der Kriegsjahre zur vollen Entfaltung.
Ebenso wie Pfitzner wurde auch Strauss für Winterthur durch Ernst Radecke entdeckt. Die persönliche Bekanntschaft Radeckes mit Richard Strauss reicht in die achtziger Jahre zurück. Radeckes Vater, Robert Radecke, «der brave Radecke», führte, wie Strauss in seinen «Betrachtungen und Erinnerungen» erzählt in Berlin die «Concertouvertüre» in c-moll auf, und zwar am 21. März 1884, und am 27. Dezember 1886 zudem die F-moll-Symphonie, (op. 12)1. Sicher hatte Ernst Radecke schon in seinen Berliner Jugendjahren (1866-86/87) Richard Strauss, der auch im Hause seines Vaters verkehrte, kennengelernt, und in München war er durch Vermittlung Hermann Levis anlässlich von Opernbesuchen mit ihm wieder in direkten Kontakt gekommen. [...]






Richard Strauss an Werner Reinhart
Handschriftlicher Brief
[Briefkopf links.-] Richard Strauss//Garmisch
[Handschrift.] 14.2.39.

Lieber Herr Reinhart!
Ich lese in der Zeitung von der grossmütigen Gemäldeschenkung Ihres Bruders an die Stadt Winterthur [1]. So oft ich dankbar Ihrer u. der schönen Tage in Ihrem gastlichen Hause gedenke [2], so erinnert mich gerade heute dies, dass Sie meine Frau einstens mit eminentem Kaffee u. Tee beschenkt haben.
Sie werden verstehn u. verzeihen, wenn mir in jetziger Zeit die Bitte in den Sinn kommt, ob Sie eine rührige u. besorgte Hausfrau nicht wieder einmal mit ein Paar Pfündchen derartiger Kostbarkeiten erfreuen könnten? Sie würden die dankbarsten Empfänger finden!
Was sagen Sie zum Züricher Stadttheater?
Schmid-Bloss liess mir mitteilen, er könne wegen Personalmangel Daphne nicht geben! Sie ist soeben in dem preussischen Dörfchen Cottbus zur Erstaufführung gelangt [3].
Dabei habe ich im September mit Dr Markwalder zusaimmen dem übrigens sehr klugen Oberbürgermeister von Zürich [4] einen längeren Vortrag darüber gehalten, wie kulturwichtig es sei, dass Zürich (das grösste der 3 letzten deutschen Opernhäuser im Ausland) durch Ausschaltung der Publikum u. Künstlerpersonal so sehr corrumpierenden, infamen Operette u. durch reichliche Subventionierung auf das Niveau eines erstklassigen Kunstinstituts gebracht werde. Der Herr Oberbürgermeister nahm meine Mitteilungen mit grossem Verständnis u. Interesse entgegen - aber leider, scheint Zürich trotzdem ein «mittleres Stadttheater» zu bleiben! Schade für die deutsche Oper, schade für Zürich!
Wie geht es mit Ihrer Gesundheit?
Auch bei uns ist Alles wohl: ich bin recht fleissig u. fabriziere mit Clemens Krauss zusaiffen den Text zu einem kleinen witzigen Einakter: Swarowsky hilft sogar auch mit durch Herbeischaffung von altfranzösischer Lyrik! Bibliothek Bodmer! [5]
Ihnen noch schönste Wünsche für Weihnachten u. ein besseres Neujahr u. herzlichste Grüsse von meiner Gattin u. Ihrem stets aufrichtig ergebenen DRichard Strauss.


[1] Mitteilung in der NZZ vom 9.12. 39 über die Volksabstimmung in Winterthur vom 3.12., die die Grundlage zum Umbau des alten Gymnasiums in ein Museum für die Gemäldesammlung der Stiftung Oskar Reinhart bildete. Die Stiftungsurkunde selbst trägt das Datum des 10. 10. 40. Dem rechtlichen Akt und der Volksabstimmung waren ein Vertrag über die Nutzung des Gymnasiums vorn 13.11.30 und ein Bauvertrag vom 20.7.39 vorausgegangen. Stadtratsprotokoll 11. 10. 30, S. 611.
[2] Im April 1934. Strauss probte mit dem Orchester am 12./13. 4., leitete das Konzert vom 13. und trug sich am 14. 4. ins "Rychenberger Gastbuch" ein. WR 11, S. 164 ff.
[3] Auf diese Äusserungen von Strauss dürften W. Reinharts kritische Randglossen zum Brief des Zürcher Theaterdirektors Schmid-Bloss vom 17. 6. 40 wie auch die vermutliche Initiative Reinharts zur Zürcher Daphne-Aufführung von 1941 zurückgehen. - Erstaufführung von Daphne in Cottbus am 29.11. 39 unter Leitung von Josef Hunstiger (Spiel) und Ludwig Josef Kaufmann (Orchester). 5 Vorstellungen.
[4] Emil Klöti, 1928-42 Stadtpräsident von Zürich
[5] Hans Swarowski war 1937-40 Direktor des Stadttheaters Zürich. Der «kleine witzige Einakter» war Capriccio, op. 85. Von «altfranzösischer Lyrik» wurde Ronsard herangezogen. Die Sammlung von Martin Bodmer, eine "Bibliothek der Weltliteratur", befand sich zuerst in Zürich und befindet sich seit 1951 als "Bibliotheca Bodmeriana" in Cologny bei Genf.
[DRITTER BAND - SS. 311-312]









Letzte Photographie von Richard Strauss.
Juli 1949. Photo Karsh.



THOMAS MEYER

VON INNEN UND AUSSEN DER KLÄNGE

Die Hörgeschichte der Musik des 20. Jahrhunderts

Schweiz

Das Aufkommen des Nationalsozialismus und schließlich der Krieg trieben Ende der dreißiger Jahre die Schweiz in eine Igelposition. Man arrangierte sich, so gut das ging und so profitabel es war, mit dem großen Nachbarn und verbarrikadierte sich in der so genannten „Geistigen Landesverteidigung“, die das Heimatliche betonte. Für eine angriffige, kritische Moderne war da eh kaum Platz mehr.
Das heißt nun wieder nicht, dass man sie nicht gekannt hätte. Immerhin gab es zwei Mäzene, die sich freigebig der zeitgenössischen Musik widmeten. Der eine, heute berühmtere und als Dirigent durch den Doktor Faustus von Thomas Mann gleichsam nobilitierte war Paul Sacher, der durch Heirat am Chemiekonzern Hoffmann-LaRoche und damit an sehr viel Geld beteiligt war. Sein Einsatz galt u.a. Komponisten wie Arthur Honegger, Béla Bartók, Igor Strawinsky und ihren stilistischen Nachfolgern in der Schweiz, und dieser Einsatz war durchaus beispielhaft. Von Zwölftonmusik wollte er freilich damals noch nichts wissen.
Der andere Mäzen war selber „nur“ Amateurmusiker: Werner Reinhart. Er prägte an einem kleineren Ort das Musikleben: beim Musikkollegium in Winterthur, war aber den verschiedenen Stilen gegenüber offener - und wohl auch etwas weniger machtbewusst als Paul Sacher. Immerhin lud er bereits 1922 Hermann Scherchen (B) ein, das Orchester in Winterthur zu leiten. Scherchen behielt diese Stelle ein Vierteljahrhundert lang, leistete beispielhafte Aufbauarbeit und wurde erst 1947 nach einer für die Schweiz unrühmlichen antikommunistischen Hetzkampagne entlassen. Werner Reinhart förderte Schoeck, lud Strawinsky, Honegger und Hindemith nach Winterthur ein, stand aber auch in Kontakt mit Schönberg, Webern (B), Berg und Krenek. Die Aufführung von Weberns Orchestervariationen in Winterthur 1943 war sogar ein „leiser Erfolg“, wie sich ein Kritiker ausdrückte. Dennoch hatte diese Musik scheinbar keine Konsequenzen. Das blieb vorerst auch nach dem Krieg so. Erst allmählich bemächtigten sich neue Tendenzen in einem schmerzhaften Prozess des Landes.
„In der Schweiz hatten nach dem Krieg vorerst Neobarock und Neoklassik das Sagen, und gerade diese Idiome schienen mir als Träger dessen, was ich musikalisch aussagen wollte, denkbar ungeeignet. Die Dodekaphonie der zweiten Wiener Schule galt in der Schweiz weitherum als suspekt, als eine rein intellektuelle, bereits überlebte Spielerei. Noten von Schönberg wurden während des Krieges unter dem Tisch gehandelt“, erzählt der Basler Komponist Jacques Wildberger (B). Um eben diese ominöse Zwölftontechnik zu studieren, wandte er sich an den einzigen dazu fähigen Komponisten in der Schweiz: den Exilrussen Wladimir Vogel (B). Wladimir Vogel hatte die Kriegsjahre unter schwierigen Bedingungen im Tessin verbracht. In Ascona hatte er bereits ein anderes junges Schweizer Talent unterrichtet: Rolf Liebermann (B), den Assistenten von Hermann Scherchen. So begannen im Lauf der fünfziger Jahre einige wenige Komponisten, mit der Zwölftontechnik zu experimentieren. Ein echter Ausbruch war es noch nicht. Die Schweiz scheute noch die Radikalität der Neuen Musik, wie sie bislang wohl nur einmal, in der erwähnten Penthesilea von Schoeck ausgebrochen war.
„Ausbruchsversuche aus dieser schweizerisch gediegenen Welt, die auf musikalischem Felde gleichbedeutend war mit einem mehr oder weniger sturen Festhalten an allem Hergebrachten, unternahm ich zwar immer wieder, aber sie misslangen vorerst alle.“
So erinnerte sich Klaus Huber (B) später an diese Zeit.

Sendung: Montag, 30.9.2002,
22.05 bis 23 Uhr
in SWR2 „Musik Spezial“

MANUSKRIPT

© SWR

Rückblick auf jahrhundertealte Tradition
Das Musikkollegium Winterthur wurde 1629 von einem Dutzend junger Musikliebhaber
gegründet. Diese versammelten sich regelmässig zum gemeinsamen Musizieren.
Eine bewegte Geschichte folgte: 1875 wurde das Stadtorchester Winterthur
gegründet und unter die Trägerschaft des Musikkollegiums gestellt.
In den Jahren zwischen 1923 und 1950 wurden Verein und Orchester dank dem
Winterthurer Mäzen Werner Reinhart und dem Dirigenten Hermann Scherchen zu
einem europäischen Zentrum der Musikpflege. Heute zählt das Musikkollegium
Winterthur rund 1000 Mitglieder und ist vom kulturellen Leben der Stadt nicht mehr
wegzudenken.
Der Verein ist ebenfalls Träger von Musikschule und Konservatorium Winterthur.